Newsletter ohne Einwilligung?

Ja, das geht, denn auch im Jahr 2024 wissen viele Marketingverantwortliche nicht, dass Newsletter unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Einwilligung versendet werden dürfen. Selbst wenn sie davon gehört haben, fehlen oft wichtige Details, die schnell zu rechtlichen Problemen führen können. In diesem Artikel zeigen wir, wie im Online-Marketing Newsletter auch ohne Einwilligung des Empfängers rechtssicher versendet werden können.

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Je nach Vorwissen des Lesers wird der Artikel einen unterschiedlichen Erkenntnisgewinn bieten. Manche werden die Nase rümpfen, weil sie glauben, schon alles zu wissen. Andere, die mit dem Thema nicht vertraut sind, werden neugierig weiterlesen – vielleicht sogar mit zu hohen Erwartungen. Für beide Gruppen lohnt sich die Lektüre, denn in letzter Zeit sind wichtige Urteile zu diesem Thema ergangen. Zudem zeigt die Praxis, dass auch im Jahr 2024 noch viele Missverständnisse und Unsicherheiten bestehen.

Grundsatz und Ausnahme im Newsletter-Marketing

Es ist schon fast ein alter Hut im Newsletter-Marketing: Ich darf einer Person nur dann Werbung per elektronischer Nachricht zusenden, wenn ich eine entsprechende Einwilligung habe.

Im Laufe der Jahre haben wir mehrere Artikel zu diesem Thema veröffentlicht, unter anderem zu den Fragen, wie ein Opt-In konkret aussehen muss, wo es platziert werden muss und ob es eine Checkbox braucht. Es geht um den Grundsatz im Online-Marketing: Sie dürfen einen Newsletter nur verschicken, wenn Sie ein Opt-in haben!

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Ausnahmeregelung handelt. Wie es bei Ausnahmen üblich ist, haben sie nur einen begrenzten Anwendungsbereich. Man kann also nicht einfach die Ausnahme zur Regel machen und auf den Grundsatz verzichten.

Auch wenn dies auf den ersten Blick wenig attraktiv erscheint, zeigt die Praxis, dass die Ausnahmeregelung dennoch eine interessante Möglichkeit bietet.

Die Regelung § 7 Abs. 3 UWG

Die Ausnahmeregelung ist in § 7 Abs. 3 UWG geregelt. Ausnahmsweise ist der Gesetzestext an dieser Stelle auch für den juristischen Laien ohne weiteres verständlich:

§ 7 Abs. 3 UWG

(3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 2 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn

Nach Lektüre der Norm sollten zwei Dinge klar sein:

Voraussetzung: Sie müssen die „elektronische Postadresse“ vom Kunden erhalten haben

Die erste Voraussetzung ist, dass Sie die elektronische Postadresse im Rahmen des Verkaufs einer Ware oder Dienstleistung von dem betreffenden Kunden erhalten haben.

Dabei stellen sich gleich zwei Fragen:

Elektronische Postadresse

Nach der Rechtsprechung ist der Begriff der elektronischen Postadresse weit zu verstehen, d.h. der Anwendungsbereich umfasst nicht nur die handelsübliche E-Mail-Adresse, sondern alle Nachrichten, die über ein öffentliches Kommunikationsnetz mittels Text, Sprache, Ton oder Bild übermittelt werden. Darunter fallen also auch SMS, MMS und alle Nachrichten aus digitalen Anwendungen wie Meta, WhatsApp oder LinkedIn. Ausgenommen sind lediglich der Telefonanruf und das Fax.

Ein riesiger Anwendungsbereich also, der für einen Unternehmer besonders attraktiv ist.

Adresse im Rahmen eines Verkaufs erhalten

Der Unternehmer muss die Adresse im Rahmen eines Verkaufs vom Kunden erhalten haben. Es reicht nicht aus, dass er sie auf anderem Wege, z.B. von einem Adresshändler oder von der Website des Kunden, erhalten hat. Der Kunde selbst muss dem Unternehmer die Adresse mitgeteilt haben. Es reicht aus, wenn der Kunde z.B. eine E-Mail geschickt hat oder auf seinem Briefpapier, mit dem er eine Ware bestellt hat, entsprechende Angaben gemacht hat.

Anders als der Begriff „Verkauf“ zunächst vermuten lässt, muss es sich bei dem Vertrag nicht um einen Kaufvertrag im engeren Sinne handeln. Vielmehr ist der Begriff weit zu verstehen, d.h. auch andere Verträge wie z.B. Dienstleistungs- oder Werkverträge fallen darunter.

In der Rechtsprechung ist umstritten, ob es eines abgeschlossenen Vertrages bedarf oder ob es ausreicht, dass lediglich ein Verkaufsgespräch stattgefunden hat. Die meisten Gerichte verlangen hier den Abschluss eines Vertrages, während vereinzelt andere Gerichte es ausreichen lassen, dass die Parteien nur miteinander gesprochen haben.

Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung kann diese Frage leider nicht abschließend beurteilt werden. Es sprechen jedoch gute Gründe dafür, dass man sich auch dann auf die Norm berufen kann, wenn es nicht zu einem Vertragsschluss gekommen ist.

Die Gerichte, die einen bestehenden Vertrag fordern, gehen sogar so weit, dass der Vertrag dauerhaft bestehen muss. Wird der Vertrag später beendet (z.B. durch Widerruf nach dem Fernabsatzrecht), darf die Adresse nach Ansicht dieser Vertreter nicht mehr verwendet werden.

Für Sie als Unternehmer bedeutet das folgendes: Auf der rechtlich sicheren Seite sind Sie nur, wenn Sie ausschließlich Adressen verwenden, bei denen auch ein Vertrag zustande gekommen ist. Wenn Sie das Risiko nicht scheuen, können Sie auch Adressen verwenden, bei denen es nur zu einem Vorgespräch, aber nicht zu einem rechtsverbindlichen Vertrag gekommen ist.

Voraussetzung: Werbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen

Die so erhaltene Adresse darf nur für die Bewerbung eigener ähnlicher Waren oder Dienstleistungen verwendet werden.

Das bedeutet zweierlei: Zum einen dürfen keine fremden Produkte beworben werden, sondern nur die eigenen. Dabei ist der Kreis eng zu verstehen, d.h. es dürfen auch keine Produkte von Tochtergesellschaften erwähnt werden, selbst wenn alle Unternehmen einem Konzern angehören.

Zum anderen ist der Anwendungsbereich auf gleichartige Waren und Dienstleistungen beschränkt. Hier hat sich in der Rechtsprechung eine sehr, sehr restriktive Sichtweise herausgebildet.

So fallen Fragen der Kundenzufriedenheit von vornherein nicht unter diese Ausnahme.

Verneint wurde die Ähnlichkeit beispielsweise bei:

Bejaht wurde die Ähnlichkeit beispielsweise bei:

Voraussetzung: Kein Widerspruch des Kunden

Dritte Voraussetzung ist, dass der Kunde der Verwendung der Adresse nicht widersprochen hat. Es genügt, wenn der Kunde seinen Widerspruch mündlich geäußert hat, eine schriftliche Erklärung ist nicht erforderlich.

Dementsprechend muss der Unternehmer die betreffende Adresse auf seine Blacklist setzen und darf sie in Zukunft nicht mehr kontaktieren.

Hervorzuheben ist, dass sich die Sperre nur auf die konkret erhobene Adresse (z.B. die konkrete E-Mail-Adresse) bezieht. Anders als bei der Einwilligung besteht keine generelle Sperrpflicht, sondern immer nur in Bezug auf die Daten, die der widersprechende Kunde selbst angegeben hat.

Hinweispflicht des Unternehmers

Die vierte und letzte Voraussetzung ist, dass der Unternehmer den Kunden bei der Erhebung und der weiteren Verwendung stets darüber informiert, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann.

An dieser Voraussetzung scheitern in der Praxis die meisten Online-Unternehmer. Denn sie haben in der Vergangenheit bei der erstmaligen Erhebung der Daten nicht auf die Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen, so dass es an der vierten Voraussetzung fehlt.

Es würde nicht ausreichen, die bisherigen Bestandskunden einfach anzuschreiben und in der nächsten E-Mail auf die Widerspruchsmöglichkeit hinzuweisen. Denn dann würde es immer noch daran fehlen, dass ein solcher Hinweis bei der erstmaligen Erhebung gerade nicht erfolgt ist.

Denkbar ist jedoch, dass der Unternehmer seine Bestandskunden im Rahmen einer erneuten Bestellung auf die Hinweise hinweist, so dass er ab diesem Zeitpunkt problemlos nach § 7 Abs. 3 UWG verfahren kann.

Konkrete Ausgestaltung und Platzierung

Nachdem die materiell-rechtlichen Voraussetzungen geklärt sind, stellt sich nun die Frage: Wo und wie genau platziere ich die entsprechenden Hinweise bei der Ersterhebung?

Denkbar ist auch, dass Sie ausnahmsweise doch eine Checkbox setzen, mit der der Kunde dann seinen Widerspruch artikulieren kann. In der Praxis ist von der Verwendung solcher Checkboxen jedoch eher abzuraten, da der Kunde häufig die einzelnen Hinweise gar nicht liest, sondern einfach die Checkboxen anklickt und aktiviert. Damit hätte der Kunde einen Widerspruch erklärt, obwohl er gar keinen Widerspruch erklären wollte. Wir raten daher von der Verwendung eher ab.

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Jörg ter Beek externer Datenschutzbeauftragter
Jörg ter Beek
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