Abberufung und Kündigung eines Datenschutzbeauftragten
Datenschutz

Abberufung und Kündigung eines Datenschutzbeauftragten

Datenschutzbeauftragte genießen besonderen rechtlichen Schutz vor Abberufung und Benachteiligung. Diese Schutzvorschriften stellen Unternehmen vor rechtliche Herausforderungen bei der ordnungsgemäßen Beendigung der Tätigkeit.

Kuendigung eines Datenschutzbeauftragten

Wie weit reicht der Abberufungsschutz?

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) regelt den Schutz von Datenschutzbeauftragten nicht abschließend. Art. 38 Abs. 3 S. 2 DSGVO bestimmt lediglich, dass Datenschutzbeauftragte nicht wegen der Erfüllung ihrer datenschutzrechtlichen Aufgaben abberufen oder benachteiligt werden dürfen. Diese Regelung gilt für externe und interne Datenschutzbeauftragte gleichermaßen, wie der EuGH in seinem wegweisenden Urteil vom 22. Juni 2024 (Az.: C-534/20) bestätigte.

Was die DSGVO jedoch nicht eindeutig regelt, sind die konkreten Voraussetzungen und Verfahren für eine zulässige Abberufung in der Praxis. Diese Regelungslücke führt zu erheblichen Rechtsunsicherheiten für Unternehmen. Im Arbeitsverhältnis beschränkt das Abberufungsverbot insbesondere das Direktionsrecht des Arbeitgebers erheblich und kann zu praktischen Konfliktsituationen führen.

Verstärkter Kündigungsschutz nach deutschem Recht

Nach deutschem Datenschutzrecht haben betriebliche Datenschutzbeauftragte gemäß Art. 38 Abs. 2 DSGVO i.V.m. § 6 Abs. 4 S. 2 f. BDSG einen verstärkten Kündigungsschutz. Diese nationale Besonderheit geht über die europarechtlichen Mindestanforderungen hinaus und stellt eine bewusste Verstärkung der Schutzposition dar.

Der Schutz gilt jedoch nur für Datenschutzbeauftragte nichtöffentlicher Stellen, wenn die Benennung eines Datenschutzbeauftragten nach den gesetzlichen Bestimmungen verpflichtend ist. Ist die Stelle allgemein zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten verpflichtet, erstreckt sich der Kündigungsschutz auch auf stellvertretende Datenschutzbeauftragte.

Besonderheiten des erweiterten Schutzes

Der Kündigungsschutz weist mehrere bemerkenswerte Charakteristika auf:

  • Eigenverantwortlichkeit als Maßstab: Entscheidend ist, ob der Stellvertreter eigenverantwortlich und frei von Weisungen die Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten wahrnehmen soll. Die tatsächliche Erforderlichkeit eines weiteren Datenschutzbeauftragten ist unerheblich.
  • Nachwirkender Schutz: Der Kündigungsschutz erstreckt sich über die aktive Tätigkeitszeit als Datenschutzbeauftragter hinaus. Verlässt der betriebliche Datenschutzbeauftragte freiwillig seinen Tätigkeitsbereich und erklärt sich bereit, die Aufgabe nicht mehr auszuführen, ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Jahres nach Beendigung unzulässig.
  • Schutz ab dem ersten Tag: Der Schutz greift bereits in der Probezeit und erfordert entsprechende Anpassungen des Arbeitsvertrags.
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Warum ist die Stellung des Datenschutzbeauftragten so stark geschützt?

Der umfassende Schutz erklärt sich durch die besondere Interessenkonfliktlage des Datenschutzbeauftragten. Obwohl grundsätzlich weisungsabhängiger Arbeitnehmer, muss er seine datenschutzrechtlichen Pflichten in vollständiger Unabhängigkeit erfüllen (Erwägungsgrund Nr. 97 DSGVO).

Gesetzgeberische Intention

Der deutsche Gesetzgeber verstärkte bewusst den europarechtlichen Abberufungsschutz durch die nationale Regelung, um mehrere Ziele zu erreichen:

  • Weisungsfreiheit sicherstellen: Die interne Position sollte durch den verstärkten Abberufungsschutz gestärkt werden
  • Benachteiligungsverbot umsetzen: Jedwede Schlechterstellung durch die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter soll vermieden werden
  • Überwachungsfunktion ermöglichen: Die Überwachungsobliegenheit gegenüber dem Arbeitgeber als Verantwortlichen kann zu unliebsamen Entscheidungen führen

Die datenschutzrechtliche Tätigkeit darf keinerlei negative Auswirkungen auf das bestehende Arbeitsverhältnis haben. Dies ist besonders vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Datenschutzbeauftragte eine Kontrollfunktion gegenüber seinem eigenen Arbeitgeber ausübt.

Rechtliche Konsequenzen

Die Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten entgegen den gesetzlichen Voraussetzungen ist nichtig – selbst bei entsprechender vertraglicher Regelung. Um die Weisungsunabhängigkeit zu wahren, ist die Position in Deutschland nach § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG nicht nur vor Abberufung wegen der Aufgabenerfüllung, sondern vor Abberufung an sich geschützt.

Wann ist eine Abberufung rechtlich zulässig?

Gemäß Art. 38 Abs. 2 DSGVO i.V.m. § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG ist die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten nur in entsprechender Anwendung der Vorschriften zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB zulässig. Diese nationale Besonderheit besteht seit der DSGVO-Umsetzung 2017 und stellt eine arbeitsrechtliche Regelung dar.

Anforderungen an einen wichtigen Grund

Es muss ein wichtiger Grund vorliegen, der den Arbeit- oder Auftraggeber bzw. den Verantwortlichen zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt. Konkret müssen Tatsachen vorliegen, auf Grund derer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung unzumutbar ist.

Rechtslage bei externen Datenschutzbeauftragten

Für externe Datenschutzbeauftragte ist die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG nicht abschließend geklärt. Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollten Verträge mit externen Datenschutzbeauftragten befristet sein oder geregelte anlassunabhängige Kündigungsfristen enthalten. Anderenfalls besteht das Risiko einer ausschließlichen Kündbarkeit entsprechend § 626 BGB, was praktisch eine sehr hohe Hürde darstellt.

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Wann liegt ein wichtiger Grund tatsächlich vor?

Der wichtige Grund muss mit der Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zusammenhängen oder eine Verletzung entsprechender arbeitsrechtlicher Nebenpflichten darstellen. Die DSGVO ermöglicht vor allem die Abberufung ungeeigneter Datenschutzbeauftragter, um die Funktionsfähigkeit des Datenschutzes zu gewährleisten.

Beispiele für das Vorliegen wichtiger Gründe

Kein wichtiger Grund liegt vor bei:

  • Einzelnen gemeldeten Datenschutzverstößen, die nicht unverzüglich bearbeitet werden – der Datenschutzbeauftragte darf seine Arbeitsweise und Priorisierung selbst bestimmen
  • Unterschiedlichen Auffassungen über die richtige Herangehensweise an datenschutzrechtliche Fragestellungen

Ein wichtiger Grund kann vorliegen bei:

  • Völligem Ausbleiben der Aufgabenerfüllung gemessen an den verfügbaren Ressourcen
  • Nicht genutzten zur Verfügung gestellten Arbeitszeiten oder Ressourcen
  • Unvermögen zur Aufgabenerfüllung oder bestehenden Interessenkonflikten, die der Verantwortliche nicht beheben kann

Wichtige Ausnahme: Wenn der Verantwortliche etwaige Mängel durch gezielte Schulungen oder organisatorische Umstrukturierung beheben kann, liegt grundsätzlich kein wichtiger Grund vor. Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht und muss zunächst mildere Mittel ausschöpfen.

Rechtsprechung zur Abberufung

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg stellte in einer wichtigen Entscheidung fest, dass ein wichtiger Grund nicht bereits darin liegt, einen internen Datenschutzbeauftragten durch einen externen Datenschutzbeauftragten aus organisatorischen, finanziellen oder personalpolitischen Gründen zu ersetzen.

Folgende Umstände stellen ebenfalls keinen Abberufungsgrund dar:

  • Das relativ hohe Haftungsrisiko von Falschberatung im Bereich des Datenschutzrechts
  • Die notwendige Professionalisierung des Aufgabenbereichs aufgrund steigender Anforderungen

Der Arbeitgeber wird im Laufe des Arbeitsverhältnisses nicht nachvollziehbar belegen können, dass diese Gründe erst später und nicht bereits bei der Einstellung bestanden haben.

Arbeitsrechtliche Nebenpflichten als Kündigungsgrund

Zu den arbeitsrechtlichen Nebenpflichten in entsprechender Anwendung des § 626 BGB, die einen wichtigen Grund für eine Abberufung darstellen können, zählen vor allem schwere Pflichtverletzungen, die das Vertrauen zwischen dem Verantwortlichen und dem Datenschutzbeauftragten nachhaltig beschädigen:

  • Strafrechtlich relevante Handlungen wie Diebstahl, Körperverletzung oder Betrug
  • Verletzung von Verschwiegenheitspflichten oder Geheimnisverrat
  • Schwerwiegende Verstöße gegen die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten
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Wann ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar?

Dies ist eine arbeitsrechtliche Fragestellung, die über die reine Abberufung als Datenschutzbeauftragter hinausgeht. Es ist möglich, dass wichtige Gründe für eine Abberufung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten so gewichtig sind, dass sie gleichzeitig eine Beendigung des gesamten Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Kategorien von Kündigungsgründen

Grundsätzlich kommen personenbedingte, verhaltensbedingte und betriebsbedingte Gründe in Betracht, die in jedem Fall einer umfassenden Interessenabwägung unterliegen müssen:

  • Personenbedingte Gründe: Dauernde Arbeitsunfähigkeit oder fehlende fachliche Eignung
  • Verhaltensbedingte Gründe: Pflichtverletzungen, die dem Arbeitnehmer vorwerfbar sind
  • Betriebsbedingte Gründe: Wegfall des Arbeitsplatzes aus wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen

Gerichtsbekannte Fälle umfassen beispielsweise wiederholten Arbeitszeitbetrug oder die Androhung von Gewalt gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten.

Besonderheit: Kündigung wegen Minderleistung

Interessant könnte eine außerordentliche Kündigung wegen Minderleistung sein. Diese kommt dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht angemessen ausschöpft und damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt.

Dieser Kündigungsgrund unterliegt allerdings einem strengen rechtlichen Maßstab und erfordert den Nachweis, dass der Arbeitnehmer bewusst unter seinen Möglichkeiten bleibt. Aufgrund der komplexen rechtlichen Bewertung sollte stets ein Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Beurteilung hinzugezogen werden.

Notwendiger Schutz mit praktischen Herausforderungen

Entgegen vieler Behauptungen in der Praxis handelt es sich bei der Position des internen Datenschutzbeauftragten nicht um eine unkündbare Stelle. Die rechtlichen Möglichkeiten für Arbeitgeber sind jedoch stark beschränkt, solange die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten im Unternehmen verpflichtend ist.

Zulässige Wege der Beendigung:

Eine ordentliche Kündigung des Datenschutzbeauftragten scheidet so lange aus, wie seine Position im Unternehmen nach den gesetzlichen Bestimmungen verpflichtend ist. Abberufungen sind dennoch möglich:

  • Aus wichtigen Gründen nach den Maßstäben des § 626 BGB
  • Auf freiwilliger Basis in beidseitigem Einvernehmen zwischen den Parteien

Bei einer einvernehmlichen Beendigung ist besonders darauf zu achten, dass dem Arbeitnehmer ein gleichwertiger neuer Tätigkeitsbereich angeboten wird. Dies dürfte bei einer Vollzeitstelle als Datenschutzbeauftragter weitaus schwieriger zu realisieren sein als bei einer vom Arbeitnehmer zusätzlich zu erbringenden Aufgabe im Bereich Datenschutz.

Praktische Konsequenzen für Unternehmen

Die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten erfordert in der Praxis entweder einen verständnisvollen Arbeitnehmer, der seine Tätigkeit im Bereich des Datenschutzes bereitwillig abgibt, oder einen rechtlich fundierten wichtigen Grund des Arbeitgebers.

Verantwortliche, die sich angesichts dieser rechtlichen Hürden scheuen, eine interne Datenschutzbeauftragtenstelle zu schaffen, sollten die Beauftragung eines externen Datenschutzbeauftragten als Alternative in Betracht ziehen. Diese Lösung bietet mehr Flexibilität bei der Vertragsgestaltung und vermeidet die arbeitsrechtlichen Komplexitäten des verstärkten Kündigungsschutzes. Ein Wechsel von einem internen zu einem externen Datenschutzbeauftragten kann für Unternehmen daher eine strategisch sinnvolle Option darstellen.

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Jörg ter Beek
Autor dieses Artikels:
Jörg ter Beek
Geschäftsführer bei Cortina Consult
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Datenschutzexperte & CEO

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